
Gostenhof, erstmals 1280 urkundlich erwähnt, entwickelte sich aus einer kleinen Siedlung mit überwiegend bäuerlichem Charakter. Im Unterschied zu anderen Dörfern lag Gostenhof jedoch seit dem 14. Jahrhundert unmittelbar vor den Toren einer der wohlhabendsten Städte des Heiligen Römischen Reiches: Nürnberg.
Das Dorf gehörte ursprünglich dem Burggrafen von Nürnberg und Markgrafen zu Ansbach, einem Hohenzollern. Während des ersten Markgrafenkrieges ließ die Stadt Nürnberg das Dorf 1449 niederbrennen. Nach langwierigen Auseinandersetzungen verkaufte der Burggraf Gostenhof schließlich an eine Nürnberger Patrizierfamilie. Ab 1477 setzte die Stadt Nürnberg einen Pfleger als Verwalter ein. Dennoch blieb die Frage der Gerichtsbarkeit über Jahrhunderte umstritten, was immer wieder zu Konflikten führte.

Der Stich von Johann Alexander Böner aus dem Jahr 1708 zeigt die Gostenhofer Hauptstraße mit dem Pfleghaus. (Gemeindearchiv Dreieinigkeit) · Titelbild oben: Aquarellierte Bleistiftzeichnung um 1830 (anonym)
Im Dreißigjährigen Krieg wurde Gostenhof aufgrund seiner Lage als Vorposten Nürnbergs stark befestigt. Die heutige Schanzäckerstraße erinnert mit ihrem Namen noch an diese Funktion. Aufgrund der Nähe zu Nürnberg und der Lage vor den Stadtmauern wurde Gostenhof zunehmend zu einem Wohnort für Menschen, die sich nicht innerhalb der Stadt niederlassen konnten oder wollten. Handwerker, die sich der strengen Zunftordnung Nürnbergs entzogen, arbeiteten hier ohne Zunftzwang. Diese „Stümpler“ boten häufig günstigere, aber nicht immer qualitativ hochwertige Waren an, die sie in die Stadt schmuggelten. Händler und geldverleihende Juden, die am Spittlertor einen Zoll entrichten mussten, handelten außerhalb der Stadt, um diese Abgabe zu umgehen. Gastwirtschaften waren zahlreich vertreten, ebenso wie wilde Prostitution. So entstand der Ruf Gostenhofs als raues und verrufenes Viertel, das dennoch auch wohlhabende Bürger anzog, die hier ihre Gärten anlegten.
Seit 200 Jahren Teil von Nürnberg
Um 1800 geriet Gostenhof erneut in unruhige Zeiten: 1796 okkupierten preußische Truppen das Gebiet bis zur Stadtmauer. Erst 1806 endete diese Besetzung mit der Eingliederung Nürnbergs in das Königreich Bayern. Ein bis heute sichtbares Erbe hinterließen die Preußen mit der Anlage der Fürther Straße als Chaussee im Jahr 1801.
Im Jahr 1825 verlor Gostenhof endgültig seine Selbstständigkeit und wurde in die Stadt Nürnberg eingemeindet. Nach der Wiederansiedlung von Juden in Nürnberg im Jahr 1850 wählten viele von ihnen Gostenhof als Wohnort. Bis 1912 wuchs die jüdische Bevölkerung hier auf 2.700 Menschen an, was einem Drittel aller Nürnberger Juden entsprach.

Zweimal im Abstand von 40 Jahren fotografierte Ferdinand Schmidt Gostenhof vom Spittlertorturm aus. Während auf dem Foto oben von 1865 Gostenhof mit kleinen Häusern und Feldern am Horizont noch ländlich geprägt war, zeigt die Aufnahme von 1905 erste Stadtvillen, dampfende Fabrikschornsteine und im Vordergrund mehrere Straßenbahnlinien. (Stadtarchiv Nürnberg)
Ab den 1960er Jahren zogen viele Gastarbeiter nach Gostenhof, insbesondere aus der Türkei, Griechenland und Südeuropa. Heute leben hier rund 23.000 Menschen, davon etwa 42 Prozent ohne einen deutschen Pass – der höchste Anteil in ganz Nürnberg. Diese kulturelle Vielfalt spiegelt sich auch in den zahlreichen Einrichtungen des Stadtteils wider. Dazu gehört die griechisch-orthodoxe Kirche sowie mehrere Moscheen. Zudem gibt es eine griechische Kinder- und Jugendbücherei, eine türkische Bibliothek sowie eine Vielzahl an ausländischen Vereinen, Initiativen, Geschäften und Restaurants.
Autor: Daniel Gürtler ist Historiker, Rundgangsleiter und freier Mitarbeiter bei Geschichte Für Alle e.V.