Memorium Nürnberger Prozesse

Memorium Nürnberger Prozesse

Angriffskrieg, Kriegsverbrechen und Völkermord sind durch den Überfall Russlands auf die Ukraine in unseren Alltag zurückgekehrt: Uns erreichen schreckliche Nachrichten und Bilder, die wir noch vor kurzem für ausgeschlossen gehalten hätten, und uns erreichen Menschen, die vor diesem Kriegsgeschehen fliehen. Immer wieder ist in der Berichterstattung und in Diskussionen davon die Rede, die Verantwortlichen für diese Verbrechen vor Gericht zu stellen, „wie in Nürnberg“. Durch die „Nürnberger Prozesse“ ist die Stadt zu einem Symbol für die juristische Aufarbeitung von Kriegsverbrechen geworden.

Wenige Monate nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa richteten sich die Augen der Weltöffentlichkeit auf Nürnberg. Im Justizpalast in der Fürther Straße begann der sogenannte Hauptkriegsverbrecherprozess gegen führende Köpfe des besiegten „Dritten Reichs“: Politiker, Parteiführer, Wirtschaftslenker und Generäle. Das erste Mal trat ein Internationaler Gerichtshof zusammen, zum ersten Mal mussten sich Staatsmänner vor Gericht dafür verantworten, Krieg geführt und Kriegsverbrechen begangen zu haben. Die USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion führten den Prozess gemeinsam durch. Die Grundlage bildete eine Vielzahl internationaler Verträge, in denen sich das Deutsche Reich und andere Staaten zu Frieden verpflichtet hatten. Das Gerichtsverfahren war ein Novum in der Weltgeschichte und gleichzeitig das Ende der brüchigen Anti-Hitler-Koalition, die nach dem Prozessende im Herbst 1946 in den West- und Ostblock zerfiel.
Das Memorium Nürnberger Prozesse wurde 2010 am originalen Schauplatz eröffnet. Im Ostbau des Justizpalasts in der Bärenschanzstraße 72 zeigt eine Ausstellung den Ablauf des Hauptkriegsverbrecherprozesses und der zwölf „Nachfolgeprozesse“, die bis 1949 dort stattfanden. Außerdem wird dargestellt, inwiefern Nürnberg Vorbild für den 1998 gegründeten Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag war.
Nürnberg als Vorbild für den 1998 gegründeten Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag
Der Schwurgerichtssaal kann im Rahmen der Öffnungszeiten des Memoriums durchgehend besichtigt werden (Mittwoch bis Montag von 10 bis 18 Uhr; öffentliche Führungen jeden Sonntag um 14 Uhr). Gruppen können Führungen und moderierte Programme zu individuellen Terminen buchen.
Die Hauptangeklagten im "Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozes

Die Hauptangeklagten im „Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess“

Einmal im Monat bieten das Memorium und Geschichte Für Alle e.V. eine öffentliche Außenführung an: Unter dem Titel „Justizpalast und Nürnberger Prozesse – Rundgang zum historischen Ort“ erkunden die Besucher*innen das Areal rund um das Justizgebäude bis hin zum früheren Zellengefängnis, der heutigen Justizvollzugsanstalt, und erfahren viel über die mehr als einhundertjährige Geschichte des Gerichtsorts. Die Termine sind (jeweils um 16 Uhr) 24. Juni, 29. Juli, 26. August , 30. September und 28. Oktober 2022. Voranmeldung unter www.museen.nuernberg.de/memorium-nuernberger-prozesse ist erforderlich.

Der Autor: Dr. Pascal Metzger ist Historiker und hauptamtlicher Mitarbeiter bei Geschichte Für Alle e.V. . Der Verein steht seit über 30 Jahren für eine moderne, kritische und kontroverse Auseinandersetzung mit Geschichte und vermittelt dies v.a. durch Rundgänge in Nürnberg, Fürth, Erlangen und Bamberg. Auch für Gostenhof hat Geschichte Für Alle spannende Stadtteilführungen im Programm. Weitere Informationen und Buchung unter www.geschichte-fuer-alle.de

T: Dr. Pascal Metzger ·  B: Christine Dierenbach · National Archives, College Park, MD, USA